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Vom Irland-Tourist zum Irland-Einwanderer

Ein Gastartikel des Autoren „Lord Stefan of Cork“ nach seinen eigenen Erlebnissen:

Die Küste von Irland © Robert Fudali - Fotolia
Die Küste von Irland © Robert Fudali – Fotolia

Ein Wanderer oder Einwanderer?
„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen.“ schrieb Matthias Claudius in seinem Gedicht „Urians Reise um die Welt“. Wie viel mehr muss dies dann gelten, wenn jemand nicht nur auf Reisen geht sondern gar auswandert?
Nun, hier bin ich, eben jener Reisende der nach mehreren Urlauben in Irland den Schritt in die Auswanderung gewagt hat. Bereut habe ich dies in den letzten fünf Jahren kein einziges Mal.
Aber wie kam es dazu, dass ich vom Wanderer zum Einwanderer wurde?

Hochzeitsreise nach Irland

Liebe ist immer ein guter Grund. Meine Liebe gilt dem Land, der Kultur und den Menschen.
Wie ich mich in dieses Land der Feen und kleinen Leute verlieben konnte, ist nur mit der Magie dieser grünen Insel erklärbar.

Auf meiner Hochzeitsreise im Jahr 2002 kam ich zum ersten Mal nach Irland. Nach einem kurzen Flug und einer ersten langen Fahrt auf der „richtigen Straßenseite“, wie die Iren immer wieder behaupten, kam ich in Enniskerry in der Grafschaft Wicklow an. Ich hatte bereits von Deutschland aus das erste Bed and Breakfast (B&B) gebucht. In der Beschreibung stand etwas von „walking distance“ zum nächsten Pub. Ich fand schnell heraus, dass dies eher ein Tagesmarsch war, denn meine Frau und ich brauchten satte 20 Minuten mit dem Auto.
Während ich auf meinen schwarzen Gerstensaft, dem wohl bekanntesten Bier in der ganzen Welt, wartete, fragte ich einen Einheimischen, ob ich eventuell eine Abkürzung verpasst hätte. „You are grant!“, was ich fälschlicherweise als „Du bist richtig gefahren!“ interpretierte, leitete eine mehrstündige Diskussion unter allen Anwesenden ein. Letztlich war ich so schlau wie zuvor und bin den gleichen Weg wieder zurück gefahren.
Ja, mein Schulenglisch war eher dürftig, und zudem voll amerikanischer Vokabeln, was zu einigen Situationen führte, die noch heute für Gesprächsstoff sorgen. Was war ein „Car Boot Sale“? Ein Auto-Stiefel-Verkauf? Fahren die Iren mit speziellen Schuhen Auto? Nein, sie haben Trödelmärkte ohne Tische. Es wird aus dem Kofferraum (boot, nicht trunk wie ich gelernt hatte) heraus verkauft.

Nach dem dritten Urlaub, den wir bereits zu dritt verbrachten, erklärte ich, dass ich bald in diesem Land leben würde. Natürlich glaubten weder Freunde noch Familie daran. Da mir aber in Deutschland die Arbeitslosigkeit drohte, in Irland mein berufliches Fachwissen jedoch gesucht wurde, war der Umzug nach fünf glücklichen Urlauben in ebenso vielen Jahren schnell beschlossen. Selbst die hohen Lebenshaltungskosten und die fast nicht finanzierbare Kindergartenbetreuung konnten mich nicht schrecken. Wusste ich doch, dass die Iren kinderlieb und hilfsbereit sind. Und das irische „Céad Míle Fáilte“, ein-hundert-tausend (mal) Willkommen, gilt nicht nur den Touristen.

In einem der ersten Telefonate, die ich als eingewanderter Arbeitnehmer führte, erwähnte ich einem Lieferanten gegenüber, dass sein Angebot mich verwirrte. Ich nutzte die Vokabel „irritated“, wie ich es in der Schule gelernt hatte. Mein Boss fragte mich nach dem Gespräch, was mich denn daran geärgert hätte. Nach kurzer Erklärung rief ich den Lieferanten erneut an, um ihn zu beruhigen und zu versichern, dass ich nur „confused“ war.

Ich lebe in einem Urlaubsland und bin auch als Einwanderer ein Wanderer geblieben!

Der Autor “Lord Stefan of Cork” (Alias/Künstlername): Nach mehreren Jahren als Tourist hatte sich der Autor entschlossen, mit seiner Familie nach Irland auszuwandern. Inzwischen kennt er nicht nur die normalen Touristenattraktionen…