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Leben unterm Meeresspiegel – Entdecken Sie die außergewöhnlichsten Wasserbauideen der Niederlande

Niederlande, Polder mit Windmühlen zur Entwässerung
Niederlande, Polder mit Windmühlen zur Entwässerung

Wasserbau Niederlande: Fast die Hälfte der Niederlande liegt auf einem Höhenniveau von rund einem Meter über Normalnull – ein Viertel des Festlandes erstreckt sich sogar deutlich darunter. Allein aus diesem Grund überrascht es so manchen Urlauber nicht, dass die Niederlanden als die innovativsten Wasserbauer weltweit gelten. Von Schleusen und Deichen über Hausboote und Wohnflöße bis hin zu schwimmenden Stadteilen und mächtigen Flutwehren, das Leben mit der steten Präsenz des Wassers hat nicht nur die Wissenschaft und Wirtschaft des Landes stark geprägt, sondern auch die niederländische Kultur. Umso neugieriger bewegt sich daher auch der Reisende durch dieses Land zwischen Ebbe und Flut und stößt dabei auf so manches außergewöhnliche Wasserbauwerk:

Wasserbau Niederlande: Die Deltawerke als Jahrhundertprojekt

Als nationales Trauma hat sich die Nordseesturmflut vom 1. Feburar 1953 tief in das Bewusstsein der Holländer eingegraben. Damals stieß die teilweise über 5 Meter hohe Flutwelle tief ins Innere des Landes vor und zerstörte zahlreiche Deiche, Dörfer, Städte und Gehöfte. Schon 18 Tage später wartete der Wasserbauminister Jacob Algera mit dem sogenannten Delta-Plan auf. Dieser sah einen rund 60 Kilometer langen und fein aufeinander abgestimmten Küstenschutz mit einer Mindesthöhe von 7,65 Metern vor. Bis 1997 bauten die Niederländer an dieser ehrgeizigen Strumflutabwehr und wurden dafür von der American Society of Civil Engineers mit dem Weltwunderstatus geehrt. Insbesondere das Maeslant-Sturmflutwehr, dessen bogenförmige Tore die Stadt Rotterdam auf einer Breite von knapp 500 Metern schützen, bildet mit seinem informativen Besucherzentrum einen beliebten Anziehungspunkt für Besucher aus aller Welt. Aber auch das Osterscheldekering beendruckt mit einer Länge von 9 Kilometern und insgesamt 62 separaten Fluttoren.

Die Zukunft der Niederlande liegt auf dem Wasser

Allein die Prognosen zum steigenden Wasserspiegel infolge des Klimawandels spornen die Innovationskraft und Kreativität der Niederländer an. Die Devise heißt dabei aber nicht mehr, dass das Wasser möglichst nachhaltig vom Leben der Menschen ausgegrenzt wird. Vielmehr liegt die Zukunft des Landes darin, harmonisch mit dem Wasser zusammenzuleben. Unter dem Stichwort „Aqua-Architektur“ beschäftigen sich daher schon seit Jahren die innovativsten Köpfe der niederländischen Architekturszene mit der erfolgreichen Verlagerung des Wohnens, Lebens und Arbeitens auf das Wasser. Und tatsächlich kaufen sich inzwischen immer mehr Niederländer nicht mehr ein Stück Land, um dort ihr Haus zu bauen, sondern einfach ein Stück Wasseroberfläche. Die schönsten Amphibienhäuser und Aqua-Stadtteile finden Sie zum Beispiel in Maasbommel bei Arnheim, in Leuwaarden sowie im Amsterdamer Stadtteil Ijburg.

Erlebnis Polder: Unterwegs auf ehemaligem Seeboden

Zwischen Nordseestrand und Markermeer sowie nur wenige Kilometer nördlich von Amsterdam erstreckt sich mit dem Beemster-Polder eine der malerischsten Polderlandschaften der Niederlande. Wo sich im späten Mittelalter noch ein See befand, begannen Ingenieure und Bauern schon Anfang des 17. Jahrhunderts mit der Trockenlegung der sumpfigen Wasserlandschaft. Dabei wurde nicht nur ein dichtes Netz an Kanälen angelegt, sondern auch zahlreiche Windmühlen für das stete Abpumpen des Wassers errichtet. Dank des fruchtbaren Seebodens entwickelte sich die Beemster-Region zu einer der wohlhabendsten der Niederlanden. Bis heute zeugen reichverzierte Dorfhäuser, imposante Stolpboerderijen (Glockenbauernhöfen) sowie die mit Reet eindrucksvoll ummantelten Windmühlen von der Prosperität der Einheimsichen. Seit 1999 zählt diese historische Kulturlandschaft zudem zum UNESCO Weltkulturerbe und kann ab den malerischen altniederländischen Dörfern De Rijp und Grootschermer hervorragend mit dem Rad erkundet werden.

Gastautor: Daniela Fehrenbacher