Nur ein kleines, rotes Schild weist mit weißem Schriftzug auf die Wiege der Schweiz hin. Ein paar Meter weiter schlängeln sich kleine Spazierwege durch ein hügeliges Wiesengebiet, das sich in bester Aussichtslage am Westufer des Urnersees erstreckt. Angesichts der imposanten Bergseelandschaft im Herzen der Schweiz fällt es schwer, sich gedanklich mitten in die kriegerischen Auseinandersetzungen des ausgehenden 13. Jahrhunderts hinein zu versetzen. Doch plötzlich scheinen zwischen den altehrwürdigen Baumriesen dann doch die goldbesetzen Röcke der Habsburger aufzublitzen und nur darauf zu warten, bis sie das verschwörerische Treiben der „Drei Tellen“ aus Uri, Schwyz und Unterwalden im Keim ersticken können. Wie diese Geschichte endet, erzählt die Dauerausstellung zum Gründungsmythos der Schweiz nebenan. Allein schon deshalb eignet sich die Rütliwiese hervorragend als Start- und Endpunkt der großen Rundreise durch die Alpenrepublik.
Grand Tour of Switzerland
Rund 1650 Kilometer lang, wurde die GToS (Grand Tour of Switzerland) erst 2015 eröffnet und soll ab Sommer 2016 als voll erschlossene Ferienstraße zu den außergewöhnlichsten Orten und Sehenswürdigkeiten der Eidgenossen führen.
Von Gletscherwein, Felsenkesseln und Mönchseilanden
Wenn Jean Vouardoux die Tür zur Schatzkammer von Grimentz öffnet, dann sind Besucher manchmal erstaunt, dass hier gar kein Gold und Geschmeide zu finden ist. Vielmehr lagert hier in mächtigen Weinfässern einer der berühmtesten Tropfen der Schweiz: der Gletscherwein von Grimentz. Auf 1550 Metern unweit des Moirygletschers gelegen, braucht die Rèze-Traube hier ein Vielfaches mehr an Zeit, um zu reifen. Dementsprechend vollmundig schmeckt der goldgelbe, an Sherry erinnernde Gletscherwein aus dem Wallis und dementsprechend kostbar ist auch jeder Tropfen von ihm. So kostbar, dass jedes Jahr nur eine geringe Menge aus dem 1886 aufgestellten und damit ältesten Weinfass des Ortes abgezapft werden. Anschließend wird es mit etwas jüngerem Wein aus dem Nachbarfass aufgefüllt, sodass sich eigentlich jeder Verkoster sicher sein kann, dass in seinem Glas Gletscherwein auch immer noch ein paar Tropfen aus dem Jahre 1886 schweben. Eine andere Legende erzählt der Felsenkessel von Creux du Van im Schweizer Jura: Mit einem Durchmesser von 1200 Metern und einer Tiefe von 500 Metern mutet er wie ein riesiges Bohrloch inmitten der Berggipfel an. Und tatsächlich geht seine Entstehung auf die letzte Eiszeit zurück, als sich hier die Gletscherzungen tief in das Gestein schmirgelten. Bis heute zeugen riesige Moränen am Kesselboden von diesen einst gewaltigen Erosionsbewegungen. Ebenfalls Wind und Wetter seit Jahrhunderten ausgesetzt, erstrahlen die Fassadenmalereien im kleinen Städtchen Stein am Rhein immer noch in den schönsten Farben. Dabei erlauben sie tiefe Einblick in das mittelalterliche Leben im einstigen Grenzposten am Hochrhein. Während hoch über der Stadt am Ausfluss des Rheins aus dem Bodensee die imposante Burg Hohenklingen beste Aussichten über das Grenzland bei Schaffhausen verspricht, bildet zu Füßen der Stadtmauern die kleine Rheininsel Werd einen Rückzugsort der ganz besonderen Art. Lediglich über einen schmalen Fußsteg mit der Außenwelt verbunden, beherbergt Werd ein kleines Kloster mit Inselkappelle aus dem 15. Jahrhundert. Heute leben an diesem beinahe mystisch anmutenden Ort inmitten der Rheinfluten nur noch 5 Franziskanermönche in Klausur.
Tipps und Fakten zur Grand Tour of Switzerland
Die Grand Tour of Switzerland (GToS) ist für Auto- und Motorradfahrer konzipiert und führt daher ausschließlich über das normale Straßennetz der Schweiz. Da die Grand Tour of Switzerland insgesamt 5 Alpenpässe erschließt, ist es ratsam, sie in den Sommermonaten zu befahren. Mit insgesamt 7 Tagesetappen kann die Ferienstraße in einer Woche entspannt absolviert werden. Dabei passieren Reisende 44 ausgewiesene Sehenswürdigkeiten, 11 UNESCO Welterbestätten, 51 Städte und 22 Seen. Diese Vielfalt ist zwar nur individuell auf der Straßenroute erlebbar, doch wer nicht Autofahren möchte, der kann auch die Grand Train Tour of Switzerland – die etwas verkürzte Variante der Ferienstraße – als erlebnisreiche Schienenrundreise buchen. Weitere Infos hier.
Gastautor: Daniela Fehrenbacher