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Canal du Rhône á Sète im Hausboot

Das Hausboot der Tour: eine "Estivale Duo"
Das Hausboot der Tour: eine „Estivale Duo“ (Foto: Christel Satter)

Hausboot-Tour in der Camargue

Der aktuelle Reisebericht „Canal du Rhône á Sète Hausboot“ unserer Gastautorin Christel Satter. 2021: Canal Rhône à Sète von Bellegarde bis zum Ètang de Thau.

Die Camargue

Die Camargue, eine Sumpf- und Seenlandschaft, liegt im Dreieck Nîmes, Marseille und  La Grande Motte bei Montpellier  im Rhônedelta.  Bekannt ist sie als Naturschutzgebiet und  Brutplatz für seltene Vögel. Berühmt sind die weißen Camargue- Pferde und die schwarzen Stiere.

Canal du Rhône à Sète

Der Canal du Rhône à Sète ist ein landschaftlich reizvoller Kanal, der die Camargue durchquert. Er verbindet die Rhône mit dem Canal du Midi.

Canal du Rhône á Sète Hausboot (Karte)
Canal du Rhône à Sète (Quelle: Openstreetmap.org)

Der Kanal Rhône à Sète führt von Beaucaire, südlich von Nîmes, bis nach Sète, wo er im Étang de Thau mündet; von dort aus besteht die Möglichkeit, auf dem Canal du Midi weiter zu fahren.  Beaucaire ist aktuell nicht mit dem Boot erreichbar; seit 3 Jahren wird die Schleuse Nourriguier umgebaut. Ab Juli 2022 soll die Strecke wieder eröffnet werden.

Nach St. Gilles kann man über die Schleuse in die Petit Rhône einfahren; für gemietete Hausboote endet die Fahrroute an der Fähre Bac du Sauvage RK km 333,5.

Eine weitere Fahrstrecke bietet sich ab Palavas les Flots; hier ist der Lez bis Lattes, Port Ariane auf 10 km schiffbar.

Zusammenfassung:

Fahrgebiet 178 km

Canal Rhône à Sète 98 km

Petit Rhône 51 km

Lez bis Port Ariane 10 km

Ètang de Thau 19 km

Weitere 13 km nach Freigabe der Strecke Beaucaire-Bellegarde

Hausbootvermieter

Die bekannten Hausbootvermieter und ihre Basen: 

Unsere Tour

Unsere Fahrt begann in Bellegarde, einem kleinen Städtchen nordöstlich von Aigues- Mortes.

Die ersten Kilometer auf dem Canal vermitteln noch kein Camargue-Feeling; Bäume und Büsche auf der linken Seite (talwärts), rechts der Treidelpfad inmitten von Schilfgras oder gemähten Wiesen. Das Wasser ist fast ohne Strömung und tiefgrün; die Idylle ähnelt etwas dem Canal du Midi.

Canal Rhône, oberer Abschnitt
Canal Rhône, oberer Abschnitt (Foto: Christel Satter)

Anlegen in freier Natur ist hier problemlos möglich. Derartige Anlegestellen sind teilweise auch auf der Flusskarte vermerkt.

Vorbei geht es an St. Gilles, einer kleinen Gemeinde mit Abteikirche und dem Geburtshaus von Papst Clemens IV.  Nach St. Gilles wird die Landschaft offener. Man sieht in die weite Ebene und die Reetgrasfelder hinaus und kann am Ufer auch die ersten Camarguepferde entdecken. Das Wasser des Canals wird blauer; die Fließgeschwindigkeit scheint schneller.

Nach St. Gilles PK 23 zweigt ein Kanalarm ab zur Schleuse St. Gilles, die mit ca. 50 cm Hub (im Sommer) die Verbindung zur Petit Rhône ermöglicht. Die Schleuse hat europäisches Standardmaß  195 x 12 m.

Kreuzung zur Schleuse St. Gilles
Kreuzung zur Schleuse St. Gilles (Foto: Christel Satter)
Camargue-Pferde
Camargue-Pferde (Foto: Christel Satter)

Ab PK 3, Pont d´Espeyran, befindet man sich in der Wasserwelt der Camargue; rundum kleine Kanäle, Étangs, Wassergräben und….. natürlich auch Stechmücken.

Vor Gallician an der Pont de Franquevaux bietet ein örtlicher Gutsbesitzer Kutschfahren und organisierte Camargue- Abende an. Die drei Anlegemöglichkeiten erschienen mir  allerdings etwas hoch für ein Hausboot.

Gallician, ein kleiner Weinort mit Stierzucht, ist der Ausgangspunkt für eine Besichtigung des Étang de Scamandre, einem Naturschutzgebiet.  Das Centre de Découverte du Scamandre liegt ca. 6 km von Gallician entfernt;  über die Kanalbrücke nach Süden auf der D 779. Es hat von 9 bis 18 Uhr geöffnet; Hunde dürfen nicht mitgebracht werden.

Im Ort selbst gibt es gleich am Hafen ein sehr gutes Restaurant; Spezialität ist das Fleisch der schwarzen Camargue- Stiere, welches ich nur wärmstens empfehlen kann. Mitten im Dorf ein zweites Lokal, welches eher als Treffpunkt der Einheimischen dient; dort hat uns ein Billiardtisch sehr erfreut.

Einige Kilometern nach Gallician kommt bei PR 21 die Abfahrtmöglichkeit nach Aigues-Mortes; bereits von weitem sieht man den Tour de Constance der Festungsmauer.

Nördlich des Tour de Constance haben Passagier- und Flusskreuzfahrtschiffe ihre Anlegestelle; eine schwenkbare Bahnbrücke wird nur bei einfahrenden Zügen geschlossen und ist ansonsten passierbar.

Hafen von Aigues-Mortes
Hafen von Aigues-Mortes (Foto: Christel Satter)

Der Hafen von Aigues- Mortes hat eine einmalige Lage: direkt unter dem Turm der Bastide entlang der gesamten Festungsmauer.

Ein Kanal führt vom Hafen weiter nach Le Grau du Roi und dem großen Port Camargue.

Le Grau du Roi
Le Grau du Roi (Foto: Christel Satter)

Die Geschichte Aigues-Mortes

Aigues-Mortes wurde von Ludwig dem 14. als Mittelmeerhafen ausgebaut; bis zu diesem Zeitpunkt hatte die französische Krone keinerlei Land in Südfrankreich. Die Provence war Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches; das Languedoc gehörte den Königen von Aragon. Ludwig der 14. kaufte das Land um Aigues- Mortes, errichtete eine Bastide und gewann so den einzigen Mittelmeerhafen für die französische Krone.

Bis zum 16. Jahrhundert war Aigues-Mortes eine bedeutende Handelsstadt; durch die zunehmende Verlandung der Lagune und der neuen Führungsrolle von Marseille als Mittelmeerhafen verlor die Stadt zunehmend an Bedeutung.

Einziger Zugang zur Stadt war früher der Tour Carbonnière; ein Wach- und Zollturm.

Tour Carbonnière
Wach- und Zollturm Tour Carbonnière in Aigues-Mortes (Foto: Christel Satter)

Alle erwähnten Bauten sind vollständig erhalten; sowohl die gesamte Stadtmauer, der Tour de Constance (ehemaliges Staatsgefängnis) und der Tour Carbonnière. Von der Stadtmauer hat man einen schönen Blick auf die nahen Salinen, die je nach Salzgehalt von zartrosa zu tiefrosa changieren. Die Farbe rührt von den Mikroorganismen, die im Salzwasser leben. Hier wird auch das berühmte Fleur de Sel noch heute per Hand geerntet; ein bei Feinschmeckern bekanntes Tafelsalz.

Ab Aigues-Mortes ist talwärts das linke Ufer des Canals durch einen Steinwall befestigt; das rechte Ufer ist  sehr hoch und brüchig. Anlegen außerhalb gekennzeichneter Anlegestellen oder Häfen ist fast nicht mehr möglich. Wir haben kurz vor den Fluttoren der Vidourle bei PK 26 zum letzten Mal rechts angelegt; allerdings nur das Bug ans Ufer gelegt und das Heck mit langer Leine in den Kanal ragen lassen; ab Aigues-Mortes sollte man in Häfen oder an den wenigen gekennzeichneten Anlegestellen festmachen

Nach La Grande Motte wird das rechte Ufer immer schmaler; wir fahren in die große Seenlandschaft der Étangs um Montpellier. Wasser soweit das Auge reicht und die schönen Flamingos.

Étangs um Montpellier
Étangs um Montpellier (Foto: Christel Satter)

Auf der talwärts rechten Seite kommen die ersten Fischerhütten mit eigenem Anlegesteg in den Blick; waren bis Aigues-Mortes fast nur wenige Hausboote auf dem Canal unterwegs, so tummeln sich nun einige Außenborder auf dem Wasser, sowie auch Ruderboote der ansässigen Ruderclubs.   Das Wasser selbst ist nun tiefblau und hat sichtlich mehr Strömung als im Oberlauf.

Der nächste Binnen- Hafen befindet sich in Carnon; einem relativ jungen Örtchen mit vielen Ferienappartements, Hotels, einem schön angelegten Yachthafen (Seehafen) und umliegenden Restaurants und Bars, sowie allen Einkaufsmöglichkeiten. Vom Hausboot-Hafen zum Strand kann man in wenigen Minuten mit dem Fahrrad fahren.  Da der Strand flach abfallend ist, bietet sich  hier eine gute Möglichkeit, mit Kindern gefahrlos im Meer zu baden.  Auch in Carnon sind auf der rechten Canalseite die „cabanes“, also Fischerhütten (eher Häuschen) mit Anlegestegen und Bötchen davor.

Nach Carnon ist  der Canal du Rhône beidseitig von Étangs umschlossen; der rechte Uferstreifen wird immer brüchiger und an einigen Stellen hat sich das Wasser aus den Salzseen einen Zugang zum Canal geschaffen; einfahren sollte man keinesfalls in die Salzseen, da man wohl nach wenigen Metern auf Grund laufen würde. Diese Stellen sind i. d. R. auch mit einem Verbotsschild gekennzeichnet.

Bresche zu einem Étang
Bresche zu einem Étang. Einfahrt verboten. (Foto: Christel Satter)
Seehafen von Carnon
Seehafen von Carnon (Foto: Christel Satter)

Der nächste Ort ist Palavas-les-Flots, ein aus Fischerhütten entstandenes Mittelmeerstädtchen mit schönem Seehafen, dem Flussbett des Lez mitten durch den Ort, vielen Fischrestaurants rechts und links des Flussufers und zahlreichen touristischen Attraktionen, wie der Aussichtsplattform des Leuchtturms oder das Cartoon Museum von Albert Dubout, sowie der Lunapark, ein Freizeitpark.

Die Kreuzung les Quattres Canaux, also die vier Kanäle, ist vorsichtig zu befahren; zum einen hat man hier die Strömung des Lez, zum anderen möglicherweise auch einfahrende Boote zu beachten. Fährt man an dieser Kreuzung den Lez flussaufwärts, kommt man zum Port Ariane in Lattes.

Maguelone

Doch es geht weiter auf dem Canal du Rhône nach Maguelone; einer kleinen Halbinsel zwischen Meer und den Étangs. Das Inselchen birgt eine kleine Kathedrale, die bereits im 5. Jahrhundert gegründet wurde, jedoch im Lauf der Geschichte von der Kirche aufgegeben wurde. Die Familie Fabrège kaufte die Insel und restaurierte das Kirchlein.

Cathédrale Maguelone
Cathédrale Maguelone (Foto: Christel Satter)

Ein sehr schöner Anlegeplatz ist vor der schwenkbaren Fußgängerbrücke (sie wird mit zwei 60 PS Außenbordmotoren bewegt) ; hier gibt es drei Anlegestege, die 3 Tage am Stück genutzt werden dürfen. Strom, Wasser oder andere Serviceeinrichtungen gibt es jedoch nicht. Auf der anderen Kanalseite nach der Fußgängerbrücke gibt es linksseitig auch Anlegeplätze; allerdings ist dort das Ufer  mit einer Betonböschung versehen. Wenn man nicht direkt bei einem der Betonquader eine Anlege erwischt, schrammt das Boot bei Westwind an die Betonbegrenzung.

Maguelone lohnt unbedingt einen Ausflug, sowohl das Kirchlein, wie auch der Fahrradweg nach Palavas sind empfehlenswert. Maguelone selbst ist autofrei; von Palavas kommende Fahrzeuge können nur bis zum Parkplatz östlich des Örtchens fahren. Der Strand ist feinkiesig, jedoch nicht so flach abfallend wie der in Carnon.  In Maguelone gibt es auch ein Restaurant unweit der Kirche, und- natürlich: Flamingos. Nach den quirligen Touristenstädten Carnon und Palavas ein Ausflug in die Beschaulichkeit.

Nach Maguelone geht die Fahrt durch die endlos scheinende Wasserwelt weiter bis nach Frontignan; einer wenig anmutigen Industriestadt. Berühmt ist der Muscat von Frontignan, ein leckerer Dessertwein  der dortigen Appelation.  In Frontignan gibt es eine Hebebrücke, die nur 2 x täglich geöffnet wird; wenn dieses Hindernis überwunden ist und die Wetterbedingungen auf dem Ètang de Thau passen, steht einer Überfahrt des 19 km langen Étang nichts mehr im Weg.

Wir haben auf die Überfahrt verzichtet; zum einen finden wir die Stadt wenig anziehend, um dort Stunden anzuliegen,  zum anderen war die Idee, im Étang zu ankern und schwimmen zu gehen an den Vorschriften gescheitert: Ankerverbot im Étang de Thau. Ein weiteres Hindernis: Nutzungsverbot der bootseigenen Sanitäranlagen (zum Schutz der dortigen Austern- und Muschelkulturen) im Étang.

Unser geliebtes Restaurant Oscarine in Mèze musste also auf unseren Besuch verzichten.

Unser Fazit

Eine absolut empfehlenswerte Tour, unvergleichliche Landschaft, auf einigen Abschnitten fühlt man sich, als ob man durch das Meer fährt, viel Badespaß an kilometerlangen Stränden, gute Infrastruktur an Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten und Freizeitangeboten, kulturelle Highlights und Besichtigungen.

Praxistipps

Der Canal Rhône à Sète eignet sich sehr gut für Fahranfänger: wenig Strömung, keine Schleusen, wenn man nicht in die Petit Rhône einfährt, auch gut machbar für nur 2 Personen.

Wegen der heißen Sommer und der ab Aigues-Mortes fehlenden Bäume vielleicht lieber in der Vorsaison oder ab September planen.

Sie haben im oberen Verlauf nur wenig Begegnung mit Booten; die in der Flusskarte erwähnten Lastschiffe haben wir bis auf eine Ausnahme nicht erlebt. Eine nächtliche Beleuchtung – weiß rundum- ist nicht notwendig, falls Sie außerhalb eines Hafens anlegen.

Ab Aigues-Mortes wird der Kanal von örtlichen Rudervereinen genutzt; achten Sie bei Übernahme Ihres Bootes darauf, dass die Hupe funktioniert. Die Ruderer fahren rückwärts und schauen über längere Zeit nicht, wohin sie fahren.

Wenn keine Präferenzen für einen bestimmten Verleiher bestehen, haben Sie 5 Abfahrtshäfen, von denen aus Sie Ihre Tour planen können.

Sie fahren viele Kilometer parallel zum Mittelmeer und können alle Bademöglichkeiten nutzen.

Vorbereitung

Kaufen Sie sich die Flusskarte „Canal du Midi“ Editions du Breil https://editionsdubreil.com/de/p/kanalfuehrer-n-07-canal-du-midi

Hier finden Sie alle relevanten Informationen über Verlauf, die Häfen, die Sehenswürdigkeiten, Einkaufsmöglichkeiten und Wissenswertes über die Geschichte des Kanals, Flora und Fauna der Camargue.

Wählen Sie Ihr Boot nach Personenanzahl und nach Ausstattung aus; Fassungsvermögen des Wassertanks, des Kühlschranks, des Stauraums; technische Ausstattung wie z. B. ein Bugstrahlruder, die Stromversorgung, ggf. ein zweiter Steuerstand, freie Sicht nach hinten vom Innensteuerstand etc.

Kaufen Sie genügend Vorräte ein, vor allem Getränke sind schwer und mit Fahrrad oder zu Fuß schlecht zu transportieren.

Überlegen Sie, ob Sie sich die Fahrräder des Verleihers mieten oder Ihr eigenes Fahrrad mitnehmen wollen; letzteres lohnt sich bei den ausgedehnten Möglichkeiten durchaus.

Falls Sie eine Fahrrad- Satteltasche haben, so nehmen Sie sie mit; das Gewicht verteilt sich so besser, als bei den Körbchen am Lenker.

Denken Sie unbedingt an Mückenschutz:  Stechmücken gibt es dort immer; nach Regenfällen oder vor Gewittern gibt es noch viel mehr.  Neben den Sprühmitteln zum Auftragen auf die Haut sind Mückenspiralen zum Abbrennen nützlich; die Produkte für die Steckdose eignen sich je nach Stromversorgung auf dem Boot nur bedingt.  Ein mitgebrachtes Mückengitter und Klebeband kann hilfreich sein; die Türen zu den Kajüten sollten sie stets geschlossen halten.

Vor Sonnenuntergang, sowie in den frühen Morgenstunden erschien mir die Plage am schlimmsten; nehmen Sie also lange Kleidung, nicht zu warm, für diese Tageszeiten mit.

Packen Sie ein Sonnensegel und ein paar Leinen ein; die auf den Booten vorhandenen Sonnenschirme reichen für eine großflächige Beschattung nicht aus.

Wissenswertes

Geschichte des Kanal Rhône à Sète

Bereits im Mittelalter fuhren Lastbarken von Sète in Richtung Rhônetal, mitten durch die Salzseen der zahlreichen Étangs. Nach und nach versandeten diese Seen; so wurde Mitte des 18. Jahrhunderts der Canal des Étangs ausgehoben.

Es existierten weitere Kanäle: der Canal de Radelle, dessen Ursprung unbekannt ist; der Canal de Bourguido bei Aigues- Mortes; der Canal du Lunel, der heute noch besteht, aber nicht mehr schiffbar ist.

Die vielen Salzschmuggler, die jenseits von schiffbarem Gewässer durch das Labyrinth aus flachen Gewässern das Salz vorbei an der Besteuerung ausführten, waren letztlich ausschlaggebend für den Bau des Canals. 1811 wurde er in Betrieb genommen, 1820 fertiggestellt.

Die Länge wird mit 98 Kilometern angegeben.

Reetgras

Entlang des Canals sieht man immer wieder große Flächen, bewachsen mit Reetgras. Die Erntezeit ist zwischen Dezember und April; das Gras wird im Freien auf 15 % Feuchtigkeit getrocknet und kommt dann gebündelt in Lagerhallen. Das Material ist isolierend, leicht, relativ schwer entflammbar und hat eine Lebensdauer von 30 Jahren. Die Qualität des Camargue- Grases ist so gut, dass es zur Bedachung nach Holland, England, Normandie und die Bretagne geliefert wird.

Reetgedecktes Haus bei Gallician
Reetgedecktes Haus bei Gallician (Foto: Christel Satter)

Camargue- Pferde

„Le cheval blanc de la mer“

Die Angaben über die Herkunft der Rasse sind unterschiedlich; es wird eine Abstammung vom Solutré Pferd angenommen, welches 20 000 v. Christus ausstarb. Die Rasse der Camargue-Pferde hat wohl durch die Jahrhunderte lange Abgeschlossenheit in der wenig frequentierten Gegend ihre Merkmale erhalten: ein robuster, stämmiger Körperbau, das geringe Stockmaß von 1,35m bis 1,42 m, die reinweiße Fellfarbe, die Sonne reflektiert, die Fellbeschaffenheit, die vor Insekten schützt, aber auch im Winter gegen die Kälte durch den Mistral. Seit 1978 ist das Camarguepferd als eigene Rasse eingetragen; Zuchtbetriebe gibt es auch außerhalb der Camargue, aber diese Tiere haben dann einen Vermerk in ihrem „Stammbuch“, dass sie außerhalb der „Wiege“ geboren sind.

Die Fohlen werden schwarz oder braun geboren; spätestens nach 5 Jahren werden sie reinweiß. Eine  nur bei diesen Pferden vorkommende Besonderheit: sie können unter Wasser grasen; also die Nüstern so verschließen, dass sie frisches Sumpfgras äsen können, ohne Wasser in die Nase zu bekommen. Die Hufe sind besonders hart und unempfindlich gegen Nässe; selbst Reitpferde müssen nicht beschlagen werden.

Richtige Wildpferde sind sie nicht mehr; sie haben Besitzer und werden jedes Jahr gezählt und gebrandmarkt.  Einige von ihnen werden für den Einsatz bei der Stierzucht ausgebildet; sie unterstützen die Gardians, also die Kuhhirten,  bei ihrer Arbeit.

Eine Symbiose gibt es mit den weißen Kuhreihern: diese suchen das Fell der Pferde nach Ungeziefer ab, erhalten dafür den Vorteil, hoch zu Ross den Überblick über die Umgebung zu haben.

Camargue-Pferd mit Kuhreiher
Camargue-Pferd mit Kuhreiher (Foto: Christel Satter)

Camargue- Stiere

Auch hier handelt es sich um eine sehr alte Rasse; der Körperbau erinnert an die Rinder Kleinasiens oder Ägyptens. Der Camargue-Stier ist kein Abkomme des Auerochsen, sondern ein mediterranes Tier. Auffallend die tief dunkelbraune oder schwarze Farbe, die langen gebogenen Hörner, die spitz zulaufen und nach oben zeigen. Einige sprechen von der perfekten Lyra der Hörner.

Camargue-Stiere werden zum einen wegen ihres Fleisches gezüchtet, welches von tiefroter Farbe ist, einen ausgezeichneten, fast wildartigen Geschmack hat; zum anderen für die unblutigen  Stierkämpfe, die in fast jedem Ort abgehalten werden.  Anders als in Spanien, wo die Matadores die Helden des Stierkampfs sind, sind es hier die Stiere: Berühmtheiten, die auf Plakaten erscheinen, ja sogar ein eigenes Gedenkmal auf ihrer Rinderfarm, der „ Manade“  erhalten.

Möglicherweise ist auch das nährstoffarme Gras der Camargue für ein langsameres Wachstum und damit eine höhere Fleisch-Qualität ausschlaggebend.

Camargue-Stiere
Camargue-Stiere (Foto: Christel Satter)

Flamingos

„Flamants roses“ – so ist der französische Name der wunderschönen Tiere.

In der Camargue finden sich Brutplätze des vom Aussterben bedrohten rosa Flamingos. Die rosa Farbe der Vögel wird von ihrer Nahrung beeinflusst; sie bevorzugen Salinenkrebse, die sie in den flachen Salzseen finden.

Die Anzahl der Brutkolonie wird mit 45 000 Exemplaren angegeben. 2020 seien ungewöhnlich viele Jungvögel geschlüpft; letzteres wird der Corona Pandemie und der geringeren Anzahl von Besuchern des Nationalparks zugeschrieben.

Einige der Vögel bleiben sogar über Winter in den Étangs der Camargue; auch in den Salzseen um Montpellier oder weiter südlich in Gruissan findet man die Wintergäste.

Flamingos in der Camargue
Flamingos in der Camargue (Foto: Pixabay)

Neben den Flamingos finden sich noch viele weitere Vogelarten, die in der industrialisierten Welt nicht mehr häufig vorkommen: Graureiher, Ibis, Blässhuhn, Säbelschnäbler, Storch, aber auch gut bekannte Arten wie die Stockente oder die ewig hungrigen Möwen.

Möwe
Möwe (Foto: Christel Satter)
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