Wer nach Hooge, Langeneß, Gröde oder Nordstrandischmoor reist, braucht Zeit. Und das ist auch gut so. Denn die Überfahrt mit der Halligfähre ist gemächlich und führt durch die faszinierende Welt des 2009 zum UNESCO Weltnaturerbe erklärten Norddeutschen Wattenmeers. Angesichts der Weite des Horizonts, der frischen Seeluft und der sanft vorbeigleitenden Halligen, setzt die Entschleunigung schon von ganz alleine ein. Und auch das ist gut so. Denn auf den Nordseehalligen ticken die Uhren ein wenig anders – langsamer, gemütlicher und ganz im Takt mit der Natur. Beste Bedingungen für einen Nordseeurlaub der etwas anderen Art. Die Hooge ist die zweitgrößte der zehn Halligen im schleswig-holsteinischen Wattenmeer. Sie gehört zum Kreis Nordfriesland und hat laut Wikipedia 80 Einwohner (31. Dez. 2008).
Was sind Halligen? Warum gibt es sie?
So manch ein Reisender fragt sich schon, welchen Zweck die nur wenige Meter über den Meeresspiegel herausragenden Halligen eigentlich haben und was Menschen überhaupt dazu gebracht hat, sich inmitten der Nordsee niederzulassen?
Der Blick in die Siedlungsgeschichte der Halligen gibt hier Auskunft. Halligen gibt es nur im nordfriesischen Wattenmeer. Vor rund 100 Jahren nutzten Bauern die vom nährstoffreichen Wasser der Nordsee umspülten Grasinseln im Wattenmeer, um Felder und Weiden anzulegen. Nach und nach zogen die Menschen nach, schütteten künstliche Hügel auf und fassten diese mit Deichen ein. Auf diesen sogenannten Warften entstanden Ställe, je ein Feting (Regenwasserspeicher) und schließlich auch Wohnhäuser. Zusammen mit den umliegenden Weideflächen bilden sie bis heute jeweils eine Hallig. Gab es vor hunderten von Jahren noch eine Vielzahl von Halligen, so verringerte sich deren Anzahl infolge von Sturmfluten, Eindeichungen und Marschlandgewinnung drastisch. Dabei wurde es für die verbliebenden Siedler immer schwieriger, sich ihren Lebensunterhalt auf der Hallig zu verdienen. Es wundert daher kaum, dass im 17. Und 18. Jahrhundert viele Halligmänner auf Walfangschiffen anheuerten und dank ihres Wissens auch oftmals selbst Kapitän wurden. Noch heute geben der Hooger Königspesel oder das Kapitän Tadsen-Haus auf Langeneß Einblicke in diese Halligepoche. Als der Walfang an Bedeutung verlor, verdienten sich die Halligbewohner mit der Fischerei ein Zubrot. Im 20. Jahrhundert rückte zudem der Küstenschutz als Arbeitgeber in den Fokus. Denn auch die Politik hatte nun erkannt: die einzigartige Welt der deutschen Halligen wirkt wie ein Bollwerk gegen die mächtigen Sturmfluten der Nordsee und muss daher nachhaltig erhalten werden.
Halligleben: Einblicke in eine einzigartige Lebenswelt
Wer das Leben auf den Halligen kennenlernen möchte, dem bieten sich vielfältige Möglichkeiten. Denn neben der Beschäftigung im Küstenschutz, in Verwaltung, Fischerei und Landwirtschaft ist der Tourismus das wichtigste wirtschaftliche Standbein der Halligbewohner. Fast jedes Hallighaus bietet daher Ferienwohnungen oder Gästezimmer. Hier lässt es sich unterm jahrhundertealten Reetdach authentisches Halligleben schnuppern, am Frühstückstisch frische Halligerzeugnisse genießen und im Halligkoog mit Einheimischen schnacken. Der Halligurlaub wirkt sich aber nicht nur auf die Sinne aus, sondern verändert auch das Denken. Denn ob Lebensmittel, Drogerieartikel, Kleidung, Elektrizität, Heizöl, Benzin oder auch Dienstleistungen, wie Handwerker oder Erste Hilfe, auf der Hallig sind Dienstleistungen und Konsum keine Selbstverständlichkeit, sondern erfordern immer eine langfristige Planung. Dafür rücken andere Dinge in den Vordergrund: das Selbst, die Natur, Zeit für Freunde und die Familie. In einer Welt, in der Zeit ein knappes Gut ist, bietet die Hallig als winziger, vom Meer umgebener Lebensraum also tatsächlich die perfekte Kulisse für Entschleunigung.
Gastautor: Daniela Fehrenbacher